Wägezellen – das Herzstück jeder Waage
Der Kern eines jeden Wiege- oder Messsystems sind die Wägezellen. Die Qualität der Wägezellen hat Auswirkungen auf die Wägegenauigkeit. Wägezellen sind in vielen unterschiedlichen Bereichen einsetzbar. Sie sind für viele wirtschaftliche und industrielle Prozesse notwendig. Was eine Wägezelle ist, welche Arten und Einsatzgebiete es gibt und wie sie funktioniert, beantworten wir in unserem Beitrag.
Yolanda von Klier
09.01.2024
Was ist eine Wägezelle?
Wägezellen gehören zur Kategorie der Kraftsensoren, die auf den Prinzipien von Dehnungsmessstreifen und Feder beruhen. Wägezellen sind vielseitig einsetzbar und das Herzstück einer jeden Waage. Das elektronische Instrument hat den Nutzen, mechanische Kraft in ein elektrisches Ausgangssignal umzuwandeln. Wägezellen werden benötigt, wenn Kräfte oder Gewichte unter verschiedenen Bedingungen gemessen werden. Sie sind eine Sonderform der Kraftsensoren in Wägevorrichtungen, die nicht in Newton, sondern Gramm, Kilogramm oder Tonnen justiert werden. Die hochgenauen und empfindlichen Sensoren sind der wichtigste Bestandteil jedes elektronischen Wiege- oder Messsystems. Für die Vielzahl an möglichen Anwendungsgebieten muss die jeweils geeignete Wägezelle verwendet werden.
Welche Wägezellen gibt es?
Welche Wägezelle die richtige ist, hängt von der speziellen Anwendung ab. Es existieren unterschiedliche Typen von Wägezellen.
Plattformwägezellen
Plattformwägezellen werden auch als Single-Point-Wägezellen bezeichnet.
Sie werden in den meisten Fällen bei Plattformen eingebaut, die nur
eine Wägezelle brauchen und mit kleinen Nennlasten arbeiten. Durch die
vielfältige Einsetzbarkeit gehören sie zu den am meisten verwendeten
Wägezellen. Sie werden beispielsweise in Waagen und Wägevorrichtungen
eingesetzt. Das liegt daran, dass hier die Gewichtserfassung nicht vorhersehbar zentrisch
vorgenommen wird. Zu ihren Eigenschaften gehören ebenfalls eine
einfache Montage und ein unproblematischer Einsatz sowie
Unempfindlichkeit gegenüber Eck- und Seitenlasten. Das bedeutet, dass
sie ein optimales Messergebnis liefern, selbst wenn die Plattform nur an
einer Seite belastet wird.
Plattformwägezellen sind vielseitig einsetzbar:
- Waagen für kleine bis mittlere Lastbereiche (bis 1 Tonne)
- Plattformwaagen
- Bandwaagen
- Abfüllwaagen
- Dosierwaagen
- Ladewaagen
- Verkaufswaagen
- dynamische Waagen
- industrielle Tisch- und Bodenwaagen
- mobile Wägesysteme
- Messung von Überlast bei Aufzügen
- Messung von Anpressdruck
Druckkraft-Wägezellen
Diese Kraftsensoren
sind speziell darauf ausgelegt, Druckkräfte zu messen. Der Aufbau der
Druckkraft-Wägezellen ist säulenförmig und fordert eine zentrische
Krafteinleitung. Bei dieser Wägezellen-Art gibt es zwei Bauformen. Eine
Bauweise ist die Pendelwägezelle, die für extrem hohe Nennlasten konfiguriert ist. Die andere Form ist die Kompaktwägezelle,
die bei geringer Platzverfügbarkeit eingesetzt wird. Eine spezielle
Form der Druckkraft-Wägezelle ist die Ringtorsionswägezelle, sie ist
besonders unempfindlich gegen exzentrische Belastungen.
Druckkraft-Wägezellen werden in der Regel für hohe Lastbereiche (mehrere
Tonnen) eingesetzt. Für die Kraftmessung in der Prozessindustrie sind
diese Kraftaufnehmer ebenfalls geeignet.
Pendelwägezellen haben unterschiedlichste Einsatzgebiete:
- industrielle Hochlastwaagen
- Lkw-Waagen
- Gleiswaagen
- Tankwaagen
- Silowaagen
Kompaktwägezellen werden in folgenden Bereichen eingesetzt:
- Förderbandwaagen
- Bodenwaagen
- Lkw-Waagen
- Silowaagen
- Tankwaagen
- Trichterwaagen
Druck- und Zugkraft-Wägezellen
Diese Art von Wägezellen ist universell einsetzbar. Druck- und Zugkraft-Wägezellen werden aber in den meisten Fällen für die Wägung von hängenden Lasten
verwendet. Besonders S‑Typ-Wägezellen sind hierfür geeignet, sie sind
S‑förmig gebaut. Eine ideale Krafteinleitung wird durch das zentrale
Innengewinde erreicht.
Eine Vielzahl an Anwendungsgebieten liegen für Druck- und Zugkraft-Wägezellen vor:
- Waagen für kleine bis mittlere Lastbereiche (bis 1 Tonne)
- hängende Lastträger oder hängende Behälterwaagen
- Tankwaagen
- Silowaagen
- Kranwaagen
- Wägebänder
- Hybridwaagen
Scherstab- und Biegestabwägezellen
Optimal konzipiert für raue Umgebungen sind durch ihre hohe Schutzart und optionale ATEX-Zulassung Biegestab-
und Scherkraft-Wägezellen. Scherstabwägezellen werden immer dann
eingebaut, wenn Druckkräfte wirken. Sie sind stabil gegen Seitenkräfte
und unempfindlicher den Belastungspunkt betreffend. Biegestabwägezellen
gehören zu den am häufigsten genutzten Wägezellen und sind aufgrund
ihrer Robustheit ideal für den Industriebereich geeignet. Es bewirken
bei Biegestabwägezellen relativ kleine Kräfte schon hohe Dehnungen,
weshalb Überlastschutz mit diesen Kraftsensoren einfach umsetzbar ist.
Der Federkörper ist bei beiden Kraftaufnehmern das Kernstück.
Biegestabwägezellen
- Dosierwaagen
- Füllstandsüberwachung
- Tankwaagen
- Silowaagen
- Hängebahnwaagen
- Bandwaagen
- Plattformwaagen (hier werden oft mehrere Wägezellen eingesetzt)
Scherstabwägezellen
- Waagen für mittlere Lastbereiche (bis ungefähr 5 Tonnen)
- Dosierwaagen
- Bandwaagen
- Behälterwaagen
- Tankwaagen
- Silowaagen
- Füllstandsüberwachung
- Plattformwaagen im mittleren Bereich (hier werden oft mehrere Wägezellen eingesetzt)
- Abfüllanlagen
- Drehmoment- oder Kraftmessung in industriellen Anlagen
Digitale Wägezellen
Neben analogen existieren digitale Kraftsensoren, die sich durch die eingebaute Elektronik zur Signalverarbeitung und Analog-Digital-Umsetzung differenzieren. Besonders bei dynamischer Anwendung ist diese Option interessant. Durch den Mikroprozessor wird die Systemgenauigkeit erhöht und die Bedienung der Wägezelle vereinfacht. Das digitale Signal kann dafür genutzt werden, mit jeder Wägezelle in einem Wägesystem individuell zu kommunizieren.
- Verpackungsmaschinen
- Füllmaschinen
- Sortiermaschinen
- Kontrollwaagen
Doppel-Scherstabwägezellen
Sie messen, wie Scherstabwägezellen, Druckkräfte. In ihrer Funktionsweise ähneln sie Scherstabwägezellen, sie sind jedoch für höhere Lasten ausgelegt. Die Krafteinleitung erfolgt mittig, Doppel-Scherstabwägezellen sind deshalb unempfindlich gegen seitliche Belastung. Diese Kraftsensoren haben zwei Federkörper.
- Waagen für hohe Lastbereiche (mehrere Tonnen)
- Silowaagen
- Containerwaagen
- Fahrzeugwaagen
- Wägerahmen
- Kraftmessung in der Prüfmaschinenindustrie
Technologie: Wie funktionieren Wägezellen?
Zum Aufbau von Wägevorrichtungen werden Wägezellen gebraucht. Betrachten Sie eine typische Wägezelle, besteht diese aus zwei Teilen. Eine elektrische Schaltung und dem Hauptkörper – dem Federkörper. Der Hauptkörper trägt das Gewicht bzw. die Kraft. Die angeschlossene Schaltung ist in der Wägezelle mit dem Hauptkörper fest verklebt.
Wie funktionieren Wägezellen? Eine Wägezelle ist in der Regel ein Metallteil, das aus Edelstahl oder Aluminium hergestellt wurde. Dadurch werden Zuverlässigkeit und prognostizierbare und einheitliche Dehnungsverteilung gewährleistet. Trifft eine Belastung auf den Messkörper, verformt sich dieser – er federt. Ein Dehnungsmessstreifen, der in der Schaltung beinhaltet ist, erfasst diese Verformung. Da die Schaltung fest in der Wägezelle verbunden ist, geschieht die Verformung der Schaltung im Einklang mit dem Federkörper. Anschließend wird das Ganze in ein elektrisches Signal umgewandelt, das proportional zur aufgebrachten Kraft ist.
Die unterschiedlichen Arten von Wägezellen haben verschiedene mechanische Eigenschaften. Diese speziellen Eigenschaften sind notwendig, um die Wägezellen für die jeweiligen Einsatzgebiete optimal einsetzen zu können. Beispielsweise ist ein Kraftsensor mit hoher Dynamik optimal für den Einsatz bei vielen Wägevorgängen in kurzer Zeit ausgelegt.
Messtechnische Parameter
Diese speziellen Kraftsensoren haben spezifische messtechnische Eigenschaften, die für den Einsatz relevant sind.
- Nennlast (in Gramm, Kilogramm oder Tonnen)
- Grenzlast
- Kennwert (gängiger Wert: 2mV/V)
- Mindestteilungswert
- Ausgangswiderstand
- Belastungskriechen
Besteht im Einsatzgebiet, wie im Lebensmittelbereich, eine Eichpflicht für Waagen, müssen die Wägezellen entsprechend eichbar sein. Im Gesetz sind die speziellen Anforderungen hierfür festgelegt.
ATEX- und FM-Bescheinigungen
Die Art des Kraftsensors wird auch nach den verschiedenen Umgebungseinflüssen gewählt. Eine Wägezelle in einer Laborwaage muss anderen Anforderungen entsprechen als die in einer Fahrzeugwaage. In der Regel werden Wägezellen vergossen, um die Schaltung von äußeren Einflüssen zu schützen. Es existieren auch Kraftaufnehmer, die hermetische Dichtungen haben, was den umfassendsten Schutz garantiert.
Wägezellen können ATEX- und FM-Bescheinigungen erhalten. Dies bescheinigt, dass diese Kraftsensoren für den Einsatz in explosionsgefährdeten Umgebungen geeignet sind. Bei diesen Wägezellen besteht keine Gefahr der Funkenbildung. Werden in der Umgebung der Wägezelle brennbare Gase oder Dämpfe freigesetzt, sind diese speziellen Wägezellen notwendig.
Zukunft der Wägezellen
Von der Automobilherstellung bis hin zur Wägung Ihrer Einkäufe, diese speziellen Kraftsensoren finden Sie in den verwendeten Wäge- oder Messsystemen. Die Technologie entwickelt sich stetig weiter und somit entstehen immer neue spannende Anwendungsgebiete für diese Sensoren. Viele Bereiche sind auf Möglichkeiten angewiesen, Kraft und Gewicht verlässlich zu messen. Robotertechnik und medizinische Prothesen sind ein Beispiel für diese Anwendungsgebiete.
Durch diese neuen und sich ständig weiterentwickelnden Bereiche ist die kontinuierliche Entwicklung neuer Arten von Wägezellen notwendig, um sich an die veränderten Bedürfnisse anzupassen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Wägezellen (FAQ)
1. Was macht eine Wägezelle?
Wägezellen sind in jedem Wiege- oder Messsystem enthalten. Sie werden immer dann benötigt, wenn Kräfte oder Gewichte unter verschiedenen Bedingungen gemessen werden. Es gibt eine Vielzahl an Anwendungsgebieten für diese Kraftsensoren.
2. Was ist ein Wägesystem?
Wägesysteme werden in Wiege- und Messsysteme verbaut. Zu diesen Systemen gehören Waagen und spezielle Maschinen, die nicht nur Güter wägen, sondern auch weitere Funktionen haben, beispielsweise das Abpacken von gewogenen Produkten.
3. Wie funktioniert eine Brückenwaage?
Bei dem Wägevorgang einer Brückenwaage verformen sich die Kraftsensoren leicht, wenn ein Fahrzeug auf die Brücke fährt. Bei den Dehnungsmessstreifen, die sich hierbei mechanisch verformen, verändert sich dadurch auch der elektrische Widerstand.
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