Genauigkeitsklasse: Erklärung der Genauigkeitsklasse eines Messgerätes

Wie genau ist eigentlich genau? Beim Wägen ist das klar definiert.

YvK

Yolanda von Klier

15.03.2012

Technologie

Genauigkeitsklasse definiert die maximale Abweichung

Die Einordnung eines Messgerätes in eine Genauigkeitsklasse ist für viele Tätigkeiten von großer Bedeutung. Denn die Ergebnisse von Messgeräten unterliegen zahlreichen Einflüssen. Daher ist eine kontinuierlich 100-prozentige Genauigkeit unrealistisch. Trotzdem dürfen Messgeräte nur ein gewisses Maß an Abweichungen aufweisen. Diese maximal zu erwartenden Differenzen zum wahren Wert dürfen eine Gewisse Grenze weder über- noch unterschreiten. Die verschiedenen Genauigkeitsklassen definieren diese Werte.

Definition der Genauigkeitsklasse

Die Genauigkeitsklasse legt den maximal abweichenden Wert eines Messgerätes vom wahren Wert fest. Damit wird sichergestellt, dass diese Geräte zuverlässig Messwerte liefern, die innerhalb der vorgegebenen Grenze liegen. Abhängig vom Messgerät gibt es eine Unterteilung in verschiedene Klassen, in denen unterschiedlich hohe Abweichungen erlaubt sind.

Bei den meisten Messgeräten erfolgt die maximal zulässige Abweichung als Prozentangabe, wobei die Anzahl und Bezeichnung der Genauigkeitsklassen vom Gerät abhängen. So unterscheidet die Kategorisierung beispielsweise bei Strom- oder Spannungswandlern zwischen Feinmessgeräten mit den Klassen 0,1, 0,2 und 0,5 und Betriebsmessgeräten mit den Klassen 1, 1,5, 2,5 und 5. Wie hoch die prozentuale Differenz zwischen dem wahren und gemessenen Wert sein darf, definiert die Zahl der Klasse. Ein Gerät der Klasse 3 darf maximal 3 % Abweichung vom wahren Wert in einem Bereich von 120 % bis 100 % des Nennstroms aufweisen.

Die Klassifizierung in der Wägetechnik gestaltet sich wiederum anders. Selbsttätige Waagen sind beispielsweise in die Klassen 0,2, 0,5, 1 und 2 eingeteilt und dürfen eine Fehlergrenze von maximal +/- 0,10 bis +/- 1 Prozent aufweisen.

Anders sieht es bei nicht selbsttätigen Waagen aus. Für diese Messgeräte gibt die Richtlinie 2014/31/EU Anhang I Nr.2 die Klassifizierung von I bis IIII vor.

  • Klasse I – Feinwaagen wie Laborwaagen
  • Klasse II – Präzisionswaagen allgemein
  • Klasse III – Handelswaagen
  • Klasse IIII – Grobwaagen

In diesem Fall sind die Fehlergrenzen nur als Abweichung von den Eichwerten angegeben. Wobei die bei der Eichung respektierten Toleranzen oft höher sind als die tatsächlichen Abweichungen. Die wirklichen Abweichungen in Prozent respektive die genauen Messunsicherheiten können ausschließlich im Rahmen der Kalibrierung festgestellt werden. Dies liegt vor allem daran, dass diese Messgeräte während des Betriebs zahlreichen anderen Einflüssen unterliegen. Ein Argument, warum die regelmäßige Kalibrierung vor allem unter Betrachtung der Prozesssicherheit von Bedeutung ist.

Eigenabweichung und Einflusseffekte auf ein Messgerät

Ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung der Abweichung ist die Eigenabweichung. Dabei handelt es sich um die Abweichung eines Messgerätes vom wahren Wert beim Betrieb unter Referenzbedingungen; also jenen Bedingungen, unter denen das Gerät bei der Justierung innerhalb des Messbereichs betrieben wurde. Diese Eigenabweichung darf die Werte der Genauigkeitsklasse nicht übersteigen.

Da Messgeräte häufig nicht unter den bei der Justierung herrschenden Referenzbedingungen zum Einsatz kommen, sind sie verschiedenen Einflusseffekten ausgesetzt. Diese wirken sich zusätzlich zur Eigenabweichung aus und beeinflussen die Messergebnisse. Dies kann ein einzelner Effekt sein oder eine Summe aus verschiedenen Einflusseffekten. Hier gilt ebenfalls: Der Einflusseffekt einer oder mehrerer Einflussgrößen darf zuzüglich der Eigenabweichung die in der Genauigkeitsklasse vorgegebene Fehlertoleranz nicht überschreiten.

Anforderung beim Betrieb eines Messgerätes einer Genauigkeitsklasse

Die Genauigkeitsklasse definiert, wie eingangs erwähnt, die Messtoleranz eines Gerätes. Um diese durch die Eigenabweichung und die Einflusseffekte nicht zu überschreiten, sind zusätzliche Anforderungen zu erfüllen.

Darunter fällt das Beachten aller Bedingungen bei der Einhaltung der vorgegebenen Grenze. Das Gerät muss in seiner Konstruktion den elektrischen und mechanischen Anforderungen entsprechen. Herstellerseitig müssen alle erforderlichen Aufschriften wie Genauigkeitsklassen, Referenzwerte für den Temperaturbereich oder senkrechter oder waagrechter Einsatz auf dem Gerät gut sichtbar angebracht sein. Abschließend stellt ein Prüfverfahren fest, dass ein Gerät das genormte Verhalten aufweist.

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